Der Begriff Diskurs wurde von dem französischen Philosophen und Psychologen Michel Foucault geprägt und hat mittlerweile eine Hochkonjunktur erfahren. Er hat inzwischen sehr verschiedene Definitionen und Konnotationen. Der vielleicht informativste Text zum Begriff Diskurs ist Foucaults Die Ordnung des Diskurses, den er als Vortrag in seiner Antrittsvorlesung anlässlich seiner Berufung auf den Lehrstuhl Geschichte der Denksysteme des Collège de France 1970 gehalten hat. Auch in seiner Archäologie des Wissens nimmt der Begriff eine zentrale Stellung ein. Wie oft in seinem Werk, vollzieht Michel Foucault auch mit dem Begriff Diskurs im Laufe der Zeit einige Wendungen…
Verkürzt könnten Diskurse als Ensembles definiert werden, die eine gemeinsame Organisation haben und regeln, was zu einem bestimmten Zeitpunkt über einen Gegenstand sagbar ist. „Diskurse sind für Foucault Arten der Wissenskonstituierung, ebenso wie die gesellschaftlichen Praktiken, die Formen der Subjektivität und die Machtverhältnisse, die den Wissensbereichen und den Beziehungen zwischen ihnen innewohnen. Diskurse sind mehr als nur Arten des Denkens und der Bedeutungsproduktion.“ (Weedon 1991: 139) Diskurse sind „als Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden von denen sie sprechen.“ (Foucault 1981: 74) Das bedeutet, über die bloße Bezeichnung von Dingen erzeugen Diskurse materielle Wirkungen. Ihre spezifische Machtwirkung besteht in der Einführung einer bestimmten sozialen Wirklichkeit und einer Ordnung. „Zwar bestehen diese Diskurse aus Zeichen; aber sie benutzen diese Zeichen für mehr als nur zur Bezeichnung der Sachen. Dieses mehr macht sie irreduzibel auf das Sprechen und die Sprache. Dieses mehr muss man ans Licht bringen und beschreiben.“ (Foucault 1981: 74; Hervorh.i.O.)
Foucault spricht auch vom Wuchern der Diskurse und meint damit, dass die Diskurse in der Gesellschaft verankert sind und es nichts geben kann, was außerhalb des Diskurses steht. Diskurse haben weder ein bestimmbaren Beginn noch ein Ende und wuchern somit immer weiter. Diskurs ist mit Foucault auch immer im Zusammenhang mit Machtverhältnissen zu denken: „Es handelt sich um ein komplexes und wechselhaftes Spiel, in dem der Diskurs gleichzeitig Machtinstrument und –effekt sein kann, aber auch Hindernis, Gegenlager, Widerstandspunkt und Ausgangspunkt für eine entgegengesetzte Strategie. Der Diskurs befördert und produziert Macht; er verstärkt sie, aber er unterminiertsie auch, er setzt sie aufs Spiel, macht sie zerbrechlich und aufhaltsam.“ (Foucault 1983: 100)
Nicht alle Diskurse haben die gleiche Wirkmächtigkeit. Es gibt dominante/ hegemoniale Diskurse, die auch teilweise innerhalb der Gesellschaft institutionell z.B. durch Gesetze oder soziale Strukturen abgesichert sind. „Gegen-Diskurse“ hingegen versuchen die Bedeutungen anderer Diskurse anzugreifen und neue Diskurse zu bilden und dagegen zu setzen.
Foucault, Michel (1977): Die Ordnung des Diskurses. Inauguralvorlesung am Collège de France, 2. Dezember 1970, Frankfurt a.M. Foucault, Michel (1981): Archäologie des Wissens. Foucault, Michel (1983): Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit I, Frankfurt a.M. Weedon, Chris (1991): Wissen und Erfahrung. Feministische Praxis und poststrukturalistische Theorie, Dortmund