Der Begriff gender hat sich seit den 1990er Jahren auch in Deutschland als feste Kategorie etabliert. Für die im angloamerikanischen Sprachgebrauch mögliche Unterscheidung zwischen sex und gender gibt es in der deutschen Sprache keine Entsprechung, weil nur ein Begriff zur Verfügung steht, nämlich Geschlecht. Mit gender als Begriff kann eine Unterscheidung zwischen sex als biologischem und gender als sozial konstruiertem Geschlecht markiert werden. Dadurch entsteht ein kultureller und historischer Rahmen, in dem es möglich ist, nach der Konstruiertheit von Geschlecht zu fragen. Das bedeutet, soziales Geschlecht nicht als biologisch gegebene Tatsache anzusehen und sozialen Zuweisungen an ein Geschlecht, wie z.B. Frauen seien sensibel und Männer seien rational, etwas entgegen zu setzen. In den Sozialwissenschaften wird auch von doing gender (soziales Geschlecht machen) gesprochen.
Doing gender soll Geschlecht (gender) als ein Produkt von Handeln betonen, also die aktive Her- und Darstellung des Geschlechts im Alltag. Diese Perspektive setzt sich von der Vorstellung ab, Geschlecht als eine starre Eigenschaft zu betrachten. Gender ist eine wissenschaftliche sowie eine politische Kategorie, mit der die Opposition zwischen „Männern“ und „Frauen“ in Frage gestellt werden kann. Ebenso kann die weiter bestehende soziale Ungleichheit zwischen beiden Geschlechtern mit ihren Strukturen und Machtverhältnissen analysiert werden. Das Problem bei der Unterscheidung zwischen sex und gender ist jedoch, dass sie auf der Annahme beruht, dass ein Teil der angenommenen Geschlechtsunterschiede nach wie vor der Natur und einer biologischen Begründung zuzuordnen sei.
Die US-amerikanische feministische Philosophin Judith Butler erschütterte diese Unterscheidung 1990 mit ihrem Buch Gender Trouble (dt. Das Unbehagen der Geschlechter; 1991) nachhaltig. Sie stellte die These auf, dass sowohl sex als auch gender sozial konstruiert seien und betrachtet damit auch sex als eine historische und soziale Konstruktion. In der Folge veränderte sich die sex-gender-Debatte wie auch die gesamte Frauen- und Geschlechterforschung. Butler ging weiter als dies bis dahin in der Geschlechterforschung üblich war. Sie argumentierte nicht nur, dass das soziale Geschlecht historisch geworden und soziokulturell formbar sei, sondern sie verkündete vielmehr die Geschichtlichkeit und Konstruiertheit des biologischen Geschlechts. Somit wurde die vermeintlich stabile Kategorie des „sex“ aufgeweicht. Diese These wird bis heute diskutiert.
Zur Entwicklung des Begriffs: Gender, Geschlecht und Theorie von Inge Stephan, in: Gender-Studien. Eine Einführung von Christina von Braun und Inge Stephan (2006).